„Für das Recht auf Ganztag brauchen wir einen Plan“

Veröffentlicht am 10.10.2023 in Fraktion

SPD-Gemeinderatsfraktion ordnet das kommende Recht auf Ganztag auf kommunaler Ebene ein:

Es ist kein Geheimnis mehr. Ab August 2026, also in drei Jahren, haben Grundschulkinder, bzw. deren Eltern ein Recht auf Ganztag, also darauf, dass die Betreuung der Kinder bist in den Nachmittag hinein stattfindet.

In Baden-Württemberg wird dabei an den schulischen Vormittagsunterricht entweder ein Kernzeit- oder Hortangebot des Schulträgers – also der Kommunen - angehängt. Ähnlich funktioniert das bei der „offenen“ Ganztageschule. Ein selteneres Modell ist die „gebundene“ Ganztagesschule.  Hier „können Unterricht, Pausen und die verschiedenen Freizeitangebote flexibler über den ganzen Tag verteilt angeboten werden. Das nennt sich rhythmisierte Form. […] Alle Kinder erhalten zudem ein warmes Mittagessen. Die Hausaufgaben werden zudem innerhalb des Ganztags erledigt“, informiert das Bundesfamilienministerium auf der Internetpräsenz www.recht-auf-ganztag.de.

Für die Kommunen bedeutet dies, dass die bereits seit Jahren hohe und steigende Nachfrage nach Ganztagesplätzen bedient werden muss – das Recht ist ein Gesetz.

„Und hier trifft die Bundespolitik die lokale Ebene auf voller Breitseite“, sagt SPD-Fraktionssprecher Robin Pitsch. „Obwohl der zunehmende Ganztagstrend die letzten Jahre auch in Schwetzingen zunahm, kamen und kommen wir mit den Angeboten immer an die Grenzen.“ So wurden in den Schulen Kellerräume zu provisorischen Kantinen umgestaltet, Aulaflächen oder Fachräume zu Spiel- und Betreuungszimmern umgebaut, überall wurden an den Schwetzinger Grundschulen Flächen für den Ganztag umgewidmet.

„Teilweise existieren aber diese vorübergehenden Provisorien eben seit 10, 15 Jahren, mitunter länger. In vielen Schulen gibt es keine Räume mehr und auch ein Klassenzimmer kann nicht gleichzeitig Unterrichtsraum, Kantine, Mensa, Spiele- und Tobezimmer sein, dazu sind die im Schnitt 70 Quadratmeter für 28 Kinder einfach zu klein“, so Pitsch.

Dazu kam auch durch die (Flüchtlings)Migration ein enormer Schülerzuwachs. Daneben müssen Schulleitungen und Lehrkräfte immer wieder umorganisieren, Abläufe anpassen und letztlich nicht nur den Mangel an Räumen, sondern auch den vorhandenen Personalmangel managen. „Gerade im Primarbereich wird vor allem Mangel verwaltet“, meint Pitsch. Teilweise würden für Hort und Kernzeit Wartelisten geführt, nicht alle Kinder könnten berücksichtigt werden. Das ändere sich 2026, ab dann muss jedes Kind berücksichtigt werden.

„Für das Recht auf Ganztag brauchen wir einen Plan“, sagt auch Stadtrat Simon Abraham, selbst Elternvertreter an der Zeyher-Grundschule.

Er hat den Eindruck, dass es endlich vorangeht. Seit der letzten Bildungsausschusssitzung sei klar, dass hier etwas passieren müsse. Er begrüßt, dass sich alle Fraktionen der Initiative aus der SPD angeschlossen hätten und dies auch im Kulturamt und bei Bürgermeister Matthias Steffan auf offene Ohren stieß. Auf Vermittlung von Robin Pitsch, selbst Lehrer, wurde ein Lenkungskreis Bildung eingerichtet, dem die Stadtverwaltung, Vertretern der Fraktionen sowie der betroffenen Schule angehören. „Zusammen mit allen Beteiligten – Schulleitungsteam, Elternvertretern, Schulreferat im Kulturamt, Stadtbauamt, Entscheidungsträger im Stadtrat sowie Bürgermeister Matthias Steffan als Vertreter der Stadtspitze – wollen wir zukunftsorientiere und konkrete Lösungen für unsere Grundschulen finden – weg von Provisorien. Wir wollen das richtig machen! Und das scheint nun auch zu klappen“, verrät Pitsch, der dem Lenkungskreis für die SPD-Fraktion angehört.

In der nächsten Zeit werde sich der Lenkungskreis alle Grundschulen vor Ort anschauen, die Raumsituation auf den Prüfstand gestellt und konkrete Umsetzungsmöglichkeiten erarbeitet. Dabei ginge es natürlich auch um bauliche Erweiterungen, realistische Zeitschienen und natürlich die nötigen Investitionssummen, die man für eine funktionierende Schule mit Ganztages- oder Betreuungsangebot eben brauche.

„Unsere Grundschulen sind als Halbtagesschulen konzipiert. So kämen auch die aktuellen Lehrerzimmer an die Grenzen. Denn mit den Ganztags- und Betreuungsangeboten gäbe es eben auch mehr Personal und das brauche ja auch einen Platz – und dann haben wir noch nicht von Kreativ-, Aufenthalts- oder Bewegungsräumen für die Kinder gesprochen, eine Schule ist doch kein Schafpferch!“ so Pitsch.

Für die Zeyher-Grundschule, deren Weiterentwicklung zur gebundene Ganztagesgrundschule quasi der Initialzündung für den Lenkungskreis war, gehen die Planungen für eine Erweiterung schon in eine konkretere Richtung – „auch wenn das Jahr 2026 wohl mit einer Komplettfertigstellung zu ambitioniert ist.“

„Fakt ist aber: endlich – wenn auch etwas zu spät – werden in Schwetzingen die Grundschulen und ein qualitätvoller Ganztag ins Visier genommen. Wir sind Schulträger und unsere Aufgabe ist es, gute Grundschulen vorzuhalten. Für genügende Räumlichkeiten, ein ausreichendes Mittagessenangebot und Mittagsbetreuung, sind wir als Schulträger und Stadt einfach zuständig. – Das pädagogische Konzept liefern die Lehrerkollegien. Und Fakt ist auch: das wird einiges kosten. Aber wer sich ein Rothackersches Haus leisten kann, der darf vor den Millioneninvestitionen in unsere Schulen nicht zurückschrecken.

Und sein Fraktionskollege Hans-Peter Müller ergänzt: „Beim Land ist diese Wende zum Ganztag, die ja in den Familien eigentlich schon seit 15, eher seit 20 Jahren läuft, noch nicht richtig angekommen. Eine schlüssige oder umfängliche Finanzierung von Investitionen oder kommunalem Personalaufwand gibt es seitens des Landes weder von den Grünen, noch – aber das sei nicht verwunderlich – seitens der CDU.“ Er moniert das „Verschlafen des gesellschaftlichen Wandels“ in Baden-Württemberg und dass die Regierenden so gar keinen Anspruch an einen gelingende Qualität im Ganztagesbildungsbereich hätten. Man ließe es halt laufen. „Die Kommunen werden beim Thema Bildung allein gelassen“, sagt er, wie auch die Familien. „Und vor Ort müssen die Kommunen die Versäumnisse des Landes eigenständig nachholen – finanziell und organisatorisch“, meint Müller trocken. Und Robin Pitsch ergänzt: „Interessant ist, dass sich zu diesem Problem, das ja nicht nur in Schwetzingen in den nächsten Jahren zum Tragen kommt, scheinbar weder die CDU noch die Grünen eine qualifizierte Position haben. Und auch die Abgeordneten der Regierungsparteien ignorieren das Problem der latenten Unterfinanzierung im Bildungsbereich vollkommen.“

In einer Situation der gesellschaftlichen Ungleichheit, des Wandels, der Krisen, der Digitalisierung und der Demokratieverdrossenheit sei es fahrlässig, keinen „Aktionsprogramm Bildung“ mit Milliardeninvestitionen ins Leben zu rufen, von dem Kommunen, Eltern, aber vor allem Kinder und zuletzt die ganze Gesellschaft profitieren. „Ansonsten ist alles andere nur leeres Geschwätz“, sagt Pitsch abschließend.

 

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