Entwicklung des Rothackerschen Hauses - "Immer größer" ist ein Problem

Veröffentlicht am 21.07.2021 in Fraktion

Fraktionsvorsitzender Robin Pitsh zur Weiterntwicklung des Rothackerschen Hauses in der Sommersitzung 2021.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrten Herr Ober- und Bürgermeister,

blicken wir in Schwetzingen auf anstehende Projekte und verfolgen die Anfänge dieser, so stellen wir fest, dass im Fortschreiten der Projektzeit und des Konkretisierungsgrades parallel dazu immer auch ein Wachsen des Umfangs, eine Wucherung der Dimension ins noch Größere, ins Pompösere einhergeht. Diese krankhafte Entwicklung – und wir werden nachher mit der Radbrücke über die Gleise einen weiteren Tagesordnungspunkt haben, der in die gleiche Richtung geht, nehmen wir argwöhnend zur Kenntnis – gerade auch vor dem Hintergrund eines sich anbahnenden Haushaltsengpasses mit weiteren Maßnahmen eine doch insgesamt sehr bemerkenswerte Entwicklung, der wir als SPD-Fraktion kritisch gegenüberstehen.

Das Rothackersche Haus ist ein zentrales städtebauliches Entwicklungsfeld in unserer Innenstadt. Geschichtsschwanger verbunden mit wichtigen Phasen der bürgerschaftlichen Engagements kurz nach der Stadtwerdung im 19. Jahrhundert und seitens der Stadt bereits vor 30 Jahren der Verwahrlosung anheimgegeben, und nach völlig abstrusen Nutzungsideen von Stadthalle in den 90ern und Gigantomanie-Hotel in jüngster Vergangenheit, haben sich die politischen Kräfte am Ratstisch mit immer wieder Rückfrage UND Rückendeckung der Bürgerinnen und Bürger durchgerungen – nicht immer mit Einmütigkeit mit der Stadtverwaltung – dieses prägende Gebäude zu erhalten und zu sanieren und an die Historie anknüpfend eine Museumsnutzung zu etablieren.

Keine Frage: Unser aktuelles Museum ist zu klein, baulich in einem stark überholungsbedürftigen Zustand und nicht ausgelegt für eine angemessene museale Nutzung. Das ist so. Und auch für unsere Stadtinfo macht es ja durchaus Sinn, die teure Miete in der Dreikönigstraße durch angemessene in unserem Besitz befindliche Räumlichkeiten in dem projektierten Neubau zu kumulieren. Und dass nebenbei noch der eine oder andere Raum für die Verwaltung und für Vereine und für Veranstaltungen und für eine Gastronomie und für externe Wechselausstellungen dabei haurausspringt, ist ja auch ok.

Aber wo kamen wir her? – von 8 mio sprach vor 5 Jahren noch der OB – das sei zu viel – damals ging es noch um die Veräußerung an einen Investor, der ein Hotel bauen wollte.

Und nun? – heute marschieren wir auf einen Betrag von kurz unter 20 mio EUR zu – lassen sie es 16 sein, mit der Bundesförderung und vielleicht ner kleinen Landesfürderung von 2-3 mio bleiben am Ende noch mind. 13 mio EUR an Grundinvestitionen, die wir als Stadt aufbringen müssen. Betrachten wir nicht die Sanierung des Rothackerschen Hauses (rund 6 mio) dann bauen wir für 10 mio ein neues Museum! – Nicht vergessen die halbe mio pro Jahr, die das neue Rothackersche Haus jedes Jahr an laufenden Kosten verschlingen wird. – Da muss man dann schon aufpassen, dass man nicht an der Krankheit erkrankt, die sich andere große Kreisstädte mit ihren Stadthallen und Palatins eingefangen haben und die nun die Haushalte ohne wirklichen Benefit für die Bürger auffressen.

Wir sehen erwartungsfroh der Kostenentwicklung, den eins ist klar: nicht jede Koststeigerung lässt sich Rohstoffknappheit oder den Markt zurückführen. Beim bellamar und bei der Schimper-Gemeinschaftsschule hat die Stadtverwaltung im Vorfeld und weiser Voraussicht einen Bau-Controler bestellt. Einen solchen fordern wir auch bei diesem Projekt!

Ja und es ist so: die Kosten sind der Knackpunkt – eine solche Investition mit den horrenden Folgekosten lässt sich nur argumentieren, wenn es einen Benefit für die Bürger gibt. Das Stichwort hier ist: Vereine. – Die Berücksichtigung und Einbeziehung jener wurd und wird durch die Stadtverwaltung in Aussicht gestellt, aber im Gegensatz zu den immer wieder überarbeiteten Plänen mit immer größeren Ausmaßen und immer mehr Kosten blieb der Umgang mit den Kulturvereinen immer noch sehr vage – vielleicht auch deshalb, weil diese in der kommunalen Kulturpolitik immer noch keinen großen Stellenwert genießen, wie an anderen Stellen immer wieder deutlich wird.

Wir erinnern uns, als das Welde-Stammhaus errichtet wurde und im Vorfeld geworben wurde, dass ja auch die Gesangsvereine hier ein neues Zuhause finden können – und wir alle wissen, wie es heute um dieses Versprechen, das an diesem Ratstisch damals gegeben wurde, steht!

Das darf sich beim Rothackerschen Haus nicht wiederholen: Das Wort „Vereine“ darf keine Worthülse und reines Argumentationswerkzeug sein, um einen Gemeinderat auf Linie zu bringen. Wie, wann und wo können Sängerbund, Stadtkapelle, Liederkranz un Co. eine feste Berücksichtigung in diesem neuen Haus finden? Daher fordern wir als Ergänzungsantrag noch im Vorfeld

  • die Entwicklung eines Vereins-Nutzungskonzeptes für das Rh’sche Haus, das mit den betreffenden Vereinen auch unter Berücksichtigung bestimmter Raumbelegungszenarien entwickelt und sich die Planung des Hauses auch am Bedarf der Vereine orientiert

und erst wenn das geschieht, dann schließt sich auch der Kreis zu einem Mehrwert für die Bürgerschaft. Und erst dann kann man ein solches kommunal getragenes Großprojekt auch irgendwo argumentieren.

Bei dieser Richtungsentscheidung geht uns viel durch den Kopf:

  • Rechtfertigt die Notwendigkeit des vorgesehenen Nutzens eine solch hohe Investition?
  • Was geschieht mit dem Palais Hirsch, das ja zumindest was die Repräsentation angeht, ähnliche Funktionen erfüllt? Braucht es hier dann vielleicht ein Um- bzw. ein Neudenken?
  • Steht die Bevölkerung, das politische Schwetzingen tatsächlich hinter dem Projekt in dieser Dimensionierung – oder macht die Forderung eines Bürgerentscheids Sinn? – Klar: mehr als 20 oder 30 Prozent der Bürger würden hier nicht abstimmen, aber bei OB-Wahlen interessiert diesen Wert ja auch keinen.

Fakt ist: aus anfänglichem Optimismus, bei dem uns zu Beginn eine mindestens 50-prozentige Förderung durch den Bund und ein mittlerer einstelliger Millionenbetrag als Invest seitens des OB in Aussicht gestellt wurde, ist der Flow und die unbändige Begeisterung für dieses Projekt auf dem Weg bis hierher verlorengegangen. Das mag daran liegen, dass sich die Kosten immer wieder ändern und hier am Tisch immer wieder tolle Stories erzählt werden… aber vertrauensaufbauend war das (ähnlich wie bei einem weiteren Projekt, das heute noch kommt) nicht.

Dennoch: wir sind an einem Punkt, wo wir nun keine Rolle rückwärts mehr machen sollten, denn dann muss man das Rh’sche Haus nicht mehr sanieren – dann ist es zusammengebrochen und wir können die Schuttreste abtransportieren und das wollen wir nicht. Wir wollen einen Knopf dran machen. Wir tragen den Vorschlag der Verwaltung deshalb mit, aber wir wollen

  • die Entwicklung eines Vereins-Nutzungskonzeptes und
  • den Bau-Controler

in den Beschlüssen stehen haben, damit wir hier zustimmen können, und werben um die Zustimmung der anderen Fraktionen zu diesen beiden Punkten.

 

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