Wie steht es um die Verkehrsführung in der Innenstadt, speziell auf den Kauflandkreisel, die Clementine-Bassermann-Straße und den Schlossplatz bezogen?
Seit über 15 Jahren diskutiert man über Verkehr, Verkehrsplaner Hupfer sollte damals etwas ändern. Aber fundamental getan hat sich wenig – wohl auch, weil niemand ein wirkliches Interesse an etwas Neuem hat und weil das Geld für bauliche Verkehrsveränderungen nicht da ist. Aber: der Autoverkehr pflügt sich immer noch durch die Innenstadt und bei Veranstaltungen bleibt das Verkehrschaos nicht aus, es fehlt an Parkplätzen, Lenkung, Handlungskonzepten.
Das innerstädtische Radwegenetz ist besser, aber lückenhaft. Und die diskutierte Drehung der Clementine-Bassermann-Straße ist das beste Beispiel, dass man mit einer Einzelmaßnahme keine Verkehrspolitik machen kann, weil negative Auswirkungen auf umliegende Straßen und v.a. den Radverkehr durch eine PKW-Mehrbelastung die Folge wären. Ich persönlich habe mich vor 15 Jahren bereits für eine Verkehrsdrehung der Friedrichstraße und einen autofreien Schlossplatz eingesetzt. Dieses Konzept ginge aber nur mit der Öffnung des Turnerkreisels auf.
Robin Pitsch ergänzt: "Schon damals in Vorbereitung zum Verkehrsdialog mit Professor Hupfer habe ich, damals noch als Teil der Jusos, die Idee eingebracht, den Verkehr der Innenstadt neu zu organisieren und den Schlossplatz sowie die „Altstadt“ um Rathaus, Kirchen, Kleine Planken faktisch autofrei (ohne Durchgangsverkehr!) zu machen. Dazu müsste die Friedrichstraße umgedreht werden, der einlaufende Verkehr würde dann über die Bahnhofsanlage laufen. Zu- und Aublaufventil in den Norden der Stadt wäre ein geöffneter Turnerkreisel. Von den Mündungsstraßen sowie über das Rondell würde faktisch die Erschließung Alter Messplatz und Kleine Planken erfolgen. Im Süden müsste man bei der auslaufenden Friedrichstraße den Bismarckplatz leicht anpassen. – Vorteile wäre die Möglichkeit eines Abbaus aller Ampeln in der Innenstadt (v.a. in der C-T-Str.) , weil der PKW-Verkehr ausschließlich mit Rechtsabbiegen funktioniert. Fußgänger könnte man mit Überwegen (Zebrastreifen) regeln, ebenso den Radverkehr."

Wie möchten Sie die Innenstadt beleben und welche Impulse haben Sie hierzu angestoßen?
Jede Stadt braucht einen guten Branchenmix und Aufenthaltsqualität mit etwas Erlebbarem. Was das Branchenangebot und den sichtbaren Lehrstand angeht, ist dies für uns ein klassisches Thema für den Stadtmarketingverein SMS sowie für unsere Wirtschaftsförderung. Leider wurde das von uns und den Grünen gemeinsam beantragte gewerbliche Leerstandmanagement von der Verwaltung und den anderen Fraktionen nicht weiterverfolgt und abgelehnt.
Als Debattenimpulse würden wir gerne städtische Treffpunkte einbringen, wie dies andere Städte tun, so hat Leinfelden seine neue Stadtbibliothek zu einem städtischen Treffpunkt aufgebaut. Wir könnten uns vorstellen, aktuell nicht erlebbare und für die breite Bevölkerung als nichtöffentlich wahrgenommenen Gebäude Palais Hirsch oder die Volkshochschule mit öffentlichem, städtischem, erlebbarem Leben zu füllen, mit etwas Partizipativem, bei dem Menschen eine Motivation haben, gerne in die Innenstadt zu kommen und sich dort aufzuhalten.
Wie sollte mit dem Rothacker’schen Haus umgegangen werden?
Wo kamen wir her? – wir haben mit Rückendwind aus der Bürgerschaft die Idee des damaligen Oberbürgermeisters Pöltl, das Areal mit einem Hotelkomplex zu überbauen, abgelehnt. Die folgende Idee, dort das Museum mit Verwaltungserweiterung zu kombinieren und neben dem Schlossplatz einen weiteren erlebbaren Ort zu schaffen, klang ja gut. Aber angesichts der davongaloppierenden Kosten und anderer anstehender Projekte v.a. im Bildungsbereich muss man sich fragen, ob sich das Projekt in der geplanten Art und Weise so umsetzen lässt.
Wir glauben, dass wir in Schwetzingen für eine museale Nutzung kleinere, machbare und vielleicht wertigere Alternativen bereits jetzt schon haben: als Debattenimpuls könnten wir uns am und im Palais Hirsch eine Art „Schwetzingen Flagship Store“ vorstellen, der Tourist Information mit attraktiven Aufenthaltsbereichen auch für Bürger und ein Minimuseum verbindet, dass die Essenz Schwetzinger Geschichte darstellt – quasi als bürgerliches Gegenüber zum Schloss.
Die Finanzlage in Schwetzingen spitzt sich zu. Wo soll gespart werden, wo investiert?
Nahezu alle deutschen Kommunen leiden unter einem strukturellen Defizit. Das heißt, die Pflichtaufgaben durch Landes- und Bundesgesetzgebung (v.a. Sozialleistungen im Bildungs- und Ganztagsbereich) sind bereits so kostenintensiv, dass man faktisch alles andere, was eine lebendige Stadt ausmacht (Vereine, Sport, Bibliothek, Feste, Weihnachtsmarkt, Kultur, Verkehrsoptimierung) reduzieren oder einstampfen müsste, um ausgeglichene Haushalte zustande zu bringen. Dieses Problem können nur Bund und Länder lösen: mit einem auskömmlicheren Finanzierungssystem der Kommunen und weniger Verwaltungsvorschriften. – Trotzdem müssen wir investieren: Zeyher-Grundschule, Sporthallen, Nordstadtschule, Verkehr (vielleicht auch ein Parkhaus am Bahnhof?), barrierefreie Bushaltestellen, moderne Spielplätze – alles Dinge, die wir eine attraktive, funktionierende Stadt braucht. Und da werden auch Darlehen eine Rolle spielen. Die Alternative, alles vergammeln zu lassen, gibt es für uns als SPD nicht!
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Welche drei Dinge sind außerhalb der genannten in den nächsten Jahren für die Stadt wichtig?
Erstens: Orientierung, Priorisierung. Angesichts der Finanzlage brauchen wir eine Bestandsaufnahme in nahezu allen Bereichen, nicht nur in Sachen Sanierungs- und Bau-Investitionen, sondern grundsätzlich auch personell, infrastrukturell und vor allem finanziell, um dann festlegen zu können, was man wann und wie umsetzen kann. Das geht die Stadtverwaltung bereits an.
Zweitens: Interkommunalität. Alle Kommunen haben die gleichen Herausforderungen, trotzdem existieren weiterhin Parallelstrukturen. Die Themen Wohnraum, Digitalisierung, Ganztagesbildung, Daseinsvorsorge, aber auch Tourismus, ÖPNV, Wirtschaftsförderung müssen interkommunal vernetzt sowie daraus strukturelle und finanzielle Synergien entwickelt werden.
Drittens: Kommunikation: In einer guten Demokratie müssen Projekte, deren Entscheidungsfindung und -stand zugänglich sein. Die Digitalisierung ermöglicht Mitmachplattformen für Bürger, Infoportale zu Bauprojekten oder online-Gemeindratssitzung. Wir müssen mehr davon wagen.